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Teil 1: 050300 Zu den (Un-)Möglichkeiten der lyrischen Übersetzung (A2, A3, A5, V5), Vorlesung, Mi, 12-14 Uhr. Vorlesung asynchrone als Podcast, begleitet durch einen Moodle-Kurs Teil 2a: 050315 Schwarzer Orpheus. (Post)Kolonialismus und kulturelle Übersetzung von Goll bis Gorman (A3, V4, A5, V5), Seminar Mo, 16-18 Uhr. Synchrone Online-Zoomsitzungen, ggf. hybride Präsenz, begleitet durch einen Moodle-Kurs. Teil 2b: 050332 Zwischen Kreativität und Korrektheit: Aspekte der Verwandlungskunst des Übersetzens (V1, V2, A5, V6), Projektseminar Mo, 12-16 Uhr, 14 tägig. (ggf. hybride) Präsenz, begleitet durch einen Moodle-Kurs Das Rahmenthema für dieses praxisorientierte Schwerpunktmoduls bildet die Auseinandersetzung mit verschiedenen Dimensionen der literarischen Übersetzung. Im Rahmen der Vorlesung werden die Teilnehmenden in die grundlegende Problematik der literarischen Übersetzung eingeführt (Teil 1). Im Rahmen des Optionalbereichs können die Studierenden dann je ein weiteres Seminar belegen: Entweder sie entscheiden sich für ein Seminar, in dem die theoretische wie praktische Auseinandersetzung mit den in der letzten Zeit am Beispiel der jungen amerikanischen Dichterin Amanda Gorman geführten Diskussionen um die Problematik postkolonialen Übersetzen im Mittelpunkt steht. Zentral ist hier die Frage, wie sich diversitätsbestimmtes Übersetzen sich bis heute entwickelt hat (Teil 2a). Oder sie entscheiden sich für ein Seminar, in dem der Übersetzer Jürgen Brocan im Rahmen einer vom deutschen Übersetzer vor geförderten Gastdozentur mit den Studierenden über die auch berufspraktischen Dimensionen des Übersetzens arbeiten wird (Teil 2b). Die Teilnahme an Teil 1 ist für alle Studierende verpflichtend, zusätzlich ist die Teilnahme an einem der beiden zweiten Modulteile (Teil 2a oder Teil 2b) obligatorisch. Die gleichzeitige Teilnahme an beiden Teilprojekten (2a und 2b) ist ausdrücklich ausgeschlossen . Teil 1: Literarische Texte zu übersetzen, stellt die Übersetzerin oder den Übersetzer immer vor größere Herausforderungen als die Übersetzung von nicht-fiktionalen Sachtexten. Diese sind ungleich höher, wenn es sich beim zu übersetzenden Text um Lyrik handelt, zumal diese sich gerade durch eine extrem konzentrierte Sprache auszeichnet, nicht selten metrisch gebunden ist und durch Reimschemata weiteren Zwängen unterliegen kann. In der Vorlesung werden wir uns sowohl theoretisch mit dem Phänomen der lyrischen Übersetzung, seinen Möglichkeiten und Grenzen beschäftigen, als auch praktische Beispiele übersetzter Gedichte aus unterschiedlichen Nationalliteraturen und literarischen Epochen bis heute analysieren und diskutieren. Beginnen werden wir unseren Streifzug durch die europäische Praxis der Lyrikübersetzung in der Renaissance und damit in jener Epoche, in der die Übertragung lyrischer Modelle in die eigene Sprache eine geradezu kulturpolitische Dimension annimmt. In diesem Kontext werden wir uns mit zahlreichen Adaptionen von Gedichten Francesco Petrarcas in die französische, deutsche und englische Sprache beschäftigen. Weitere Schwerpunkte der Vorlesung werden sein: Übersetzungen von William Shakespeares Sonnets, Rainer Maria Rilkes Übersetzungen der Sonette Elizabeth Barrett Brownings und Louise Labés sowie Übersetzungen von Charles Baudelaires berühmtem Zyklus Les Fleurs du Mal (u.a. von Stefan George und Walter Benjamin). Teil 2a : Im Januar 2021 erregte eine junge amerikanische Lyrikerin weltweites Aufsehen: In beeindruckender Weise ‚performte‘ Amanda Gorman ihr Gedicht ‚The Hill We Climb‘ bei der Amtseinführung des neuen amerikanischen Präsidenten. Der Wunsch, dieses Gedicht auch in deutscher (und in anderen Sprachen) lesen zu können und damit einem breiten Leser:innenpublikum zugänglich zu machen, war natürlich groß. Ebenso groß war aber auch die Debatte, wer überhaupt dieses Gedicht übersetzen könne und solle. Amanda Gorman wünschte sich, wie es in einigen Artikeln der intensiven Feuilletondebatte hieß, ‚eine:n diversitätssensible:n Übersetzer:in‘. Die Debatte, die sich daraufhin weltweit entwickelte, stellte die Frage nach der Beteiligung von diversen Übersetzer:innen an Übersetzungsprojekten, die einen bestimmten Erfahrungshintergrund forderten. Marion Kraft wies darauf hin, daß es vor allem „um Selbstdefinition, Identitäten und Erfahrungswelten“ ginge und „auch darum, dass es auch genügend People-of-Color-Übersetzerinnen, -Autorinnen, -Expertinnen gibt, die sich vielleicht eher hineinfinden können“. Gefordert war, so die Autor:in Sharon Dodua Otoo, daß „der Pool an literarischen Übersetzer:innen vielfältiger wird“ ( https://www.54books.de/vor-der-grenze-ueber-einen-uebersetzungsstreit/ ). Die Debatte um die (mißlungene) ‚offizielle‘ Übersetzung des Gorman-Gedichtes durch ein Übersetzer:innentrio wird zum Ausgangspunkt, um die Probleme der deutschsprachigen Übersetzung von Literatur Schwarzer Menschen und Menschen afrikanischer Herkunft zu diskutieren. Dabei soll es nicht nur um den aktuellen Fall gehen, vielmehr wird das Seminar eine historische Rekonstruktion von 100 Jahren Übersetzungsgeschichte der Literatur afrikanischer und afroamerikanischer Schrifsteller:innen und Dichter:innen. Denn 1921 erhielt René Maran für seinen Roman ‚Batouala‘ den Prix Goncourt und wurde 1922 von Claire Goll als (vermeintlich) erster ‚roman negré‘ ins Deutsche gebracht. Die seitdem erschienenen Übersetzungen afrikanischer und afroamerikanischer Literatur waren immer wieder von Diskussionen um die sprachliche Angemessenheit und die Umsetzung der Ausgangsprache in die Zielsprache begleitet. Das Seminar wird diese Projekte einer kulturellen Übersetzung unter (post)kolonialen Bedingungen, ihre Entstehung und die begleitenden Diskurse in den Blick nehmen und versuchen, auch den aktuellen Diskussionen ein weiterreichendes, historisches wie übersetzungstheoretisches Fundament geben. Teil 2b »Am Ende ist alle Poësie Übersetzung«, behauptete Novalis in einem Brief an August Wilhelm Schlegel – allerdings ist die Dichtung nicht der einzige Ort für transformatorische Prozesse. Zu Beginn soll deshalb ein Bewußtsein für verschiedene Formen der Verwandlungskunst entwickelt werden, die sich nicht nur in der Literatur, sondern auch in der bildenden Kunst, in der Musik, im Film finden. Die literarische Übersetzung unter Einbeziehung philologischer Aspekte bildete sich erst allmählich heraus, wie Vergleiche von Übersetzungen desselben Texte aus verschiedenen Epochen zeigen werden. Diese und andere theoretischen Überlegungen sind unerläßlich für die konkrete übersetzerische Arbeit am Text, doch vor allem stellt sich immer wieder die Frage nach der Angemessenheit: Welche spezifischen Probleme begegnen beim Übersetzen von Lyrik bzw. von Prosa? In welchem Verhältnis stehen philologische Korrektheit und schöpferische Freiheit zueinander? Wo liegen die Grenzen des Übersetzens bzw. der sprachlichen und metaphorischen Äquivalente? Neben theoretischen Erwägungen dürfen Einblicke in die Übersetzungspraxis nicht fehlen, von der Wahl der Hilfsmittel bis zum Einfluß der Verlage und Lektoren. Parallel dazu soll gemeinsam und in Einzelaufgaben die Erstübersetzung von Gedichtzyklen dreier amerikanischer Autorinnen aus der ersten Hälfte des 20. Jhds. erarbeitet werden, die anschließend in Buchform erscheinen wird. Verschiedene, differierende Ansätze auszuprobieren und nebeneinander stehen zu lassen, ist das ausdrückliche Ziel. Jürgen Brôcan lebt und arbeitet in Dortmund. Er ist Lyriker, Literaturkritiker, Herausgeber und Übersetzer. Sein Werk wurde mit zahlreichen Stipendien und Preisen ausgezeichnet. Er hat unter anderen Walt Whitman, Nathaniel Hawthorne, Ralph Waldo Emerson, John Muir, Marianne Moore, Aldo Leopold, Ranjit Hoskoté, Arundhati Subramaniam, Kaveh Akbar, Georges Schehadé und René Char ins Deutsche gebracht. (Weitere Infos unter www.brocan.de ) |