Literatur |
Dieter Birnbacher: Analytische Einführung in die Ethik, 3. Auflage, Berlin: de Gruyter 2013.
Dagmar Fenner: Einführung in die Angewandte Ethik, UTB 2010.
Immanuel Kant: Kritik der praktischen Vernunft, Stuttgart: Reclam, 1986.
Otfried Höffe (Hrsg.): Immanuel Kant: Kritik der praktischen Vernunft. Berlin: Akademie Verlag 2002.
Giovanni B. Sala: Kants 'Kritik der praktischen Vernunft'. Ein Kommentar. Darmstadt: WBG 2004. |
Inhalt |
Politischer Dissens – sei es über die Angemessenheit von Maßnahmen während der Pandemie, sei es über Klimaschutz, Immigration, Cancel Culture oder den gender pay gap – basiert oftmals auf einem (nicht explizit gemachten) moralischen Dissens. Wer bei solchen Debatten nicht nur seinem Bauchgefühl folgen möchte, sondern etwaige Stärken, Widersprüche und Schwächen in den öffentlich vorgetragenen Argumenten kompetent beurteilen will, braucht ethisches Hintergrundwissen. Das Modul bietet eine einführende Vorlesung in ethisches Denken und Argumentieren und leitet am Beispiel eines der großen Klassiker der Moralphilosophie zur Analyse ethischer Texte an.
Teil 1: Einführung in die Ethik, WiSe 2021/22; Di 08:30h - 10:00h, GA 03/149
Teil 2: Immanuel Kant: Kritik der praktischen Vernunft, WiSe 2021/22, Raum: xx, Uhrzeit: xx.
Inhaltliche Beschreibung Teil 1:
„I shot a man in Reno, just to watch him die“, singt Johnny Cash. Einen Menschen aus Spaß oder Neugierde zu erschießen, ist moralisch verwerflich. Wer würde da widersprechen? Doch was genau heißt: „moralisch verwerflich“? Ist es eine objektive Wahrheit, dass das Töten Unschuldiger moralisch verboten ist? Falls nein, warum herrschen trotzdem keine anarchischen Zustände? Falls ja, wer oder was macht besagte Wahrheit wahr? Geht es in der Ethik in erster Linie um die Erfüllung von Pflichten, die Ausbildung von Tugenden oder die Verwirklichung von Werten? Bemisst sich die Güte einer Handlung an der mit ihr verbundenen Absicht oder an den Folgen (oder gar an etwas ganz anderem)?
Leute, die auf das Wohlergehen anderer pfeifen, scheinen oft besonders glücklich und erfolgreich zu sein. Daraus erwächst ein Unbehagen: Warum sollten wir überhaupt moralisch sein, was haben wir davon? Schließlich: Wie lässt sich erkennen, was gut oder schlecht ist? Mittels eines angeborenen moralischen Sinns, Intuition, vernünftiger Überlegung, Lebenserfahrung, Herzensbildung…?
Im zweiten Teil der Vorlesung wenden wir uns besonders umstrittenen ethischen Problemen der Gegenwart zu: Abtreibung; Eugenik und Human Enhancement; Sterbehilfe; Homo- und Transsexualität; Diskriminierung und Affirmative Action; Verteilungsgerechtigkeit; Verantwortung gegenüber zukünftigen Generationen (Klima etc.); Technikethik (Beispiel: Künstliche Intelligenz); Tierethik (Fleischessen, Laborversuche, Biodiversität). Philosophische Reflexion kann diese Fragen natürlich nicht abschließend entscheiden. Aber sie kann Begriffe klären, widersprüchliche Gedankengänge identifizieren und Argumente schärfen. So werden am Ende (hoffentlich!) Vorzüge und Probleme der jeweiligen Positionen deutlicher hervortreten.
Inhaltliche Beschreibung Teil 2:
Die Kritik der praktischen Vernunft von Immanuel Kant ist ein Klassiker der praktischen Philosophie, der seit seiner Veröffentlichung im Jahr 1788 sehr viel rezipiert wurde und seine Aktualität bis heute nicht verloren hat. Weil sie nach der Kritik der reinen Vernunft (1781) und vor der Kritik der Urteilskraft (1790) erschienen ist, wird sie auch als „zweite Kritik“ bezeichnet. Kant legt hierin u.a. dar, wie der Unterschied zwischen gut und böse zu verstehen ist, was Freiheit und Autonomie mit Moral zu tun haben und wie sich das Streben nach Glück und Ethik zueinander verhalten. Das Herzstück von Ethik und Moral ist nach Kant die Vernunft, welche uns als freie Wesen dazu befähigt, unsere Handlungen nach ethischen Grundsätzen zu vollziehen. Diese Grundsätze können uns nach Kant nun nicht z.B. von der Gesellschaft, der Familie oder einer Religion gegeben werden, da dies immer nur heteronome, fremdbestimmte Handlungen zur Folge hätte. Eine solche Fremdbestimmung hält Kant für unvereinbar mit ethischem Handeln. Vielmehr müssen die ethischen Grundsätze aus unserer Vernunft selbst erschlossen werden. Nur so kann unser Handeln als autonom verstanden werden, was für Kant die wesentliche Bedingung für wirklich ethisches Handeln darstellt.
In diesem Seminar soll die Kritik der praktischen Vernunft vollständig gelesen und kritisch diskutiert werden. Dabei soll dieser anspruchsvolle Text auch immer ins Verhältnis zu aktuellen ethischen und gesellschaftlichen Debatten und Fragestellungen gebracht werden. |