Inhalt |
Teil 1: Einführung in die Anthropologie (Vorlesung), WS 22/23, HGA 20, Do 12-14 Teil 2: Philosophie der Sexualität, WS 22/23, HGA 20, Mo 12-14 In den USA und Großbritannien wurden jüngst Politiker und eine Kandidatin für den Supreme Court mit der Frage Was ist eine Frau? in Verlegenheit gebracht. In Florida wurde ein (Dont say gay)-Gesetz verabschiedet, das es Lehrern u.a. verbietet, im Unterricht offen über Homosexualität zu reden. Die amerikanische Trans-Schwimmerin Lia Thomas bricht Frauenrekorde. In Deutschland steht eine Reform bzw. Abschaffung des Transsexuellengesetzes von 1981 zur Debatte, die den (rechtlichen) Wechsel des Geschlechts zu einem unkomplizierten Verwaltungsakt machen würde. Immer mehr Kultur- und Sozialwissenschaftler betrachten soziale Ungleichheit und gesellschaftliche Fehlentwicklungen vorrangig als das Ergebnis einer männlich, heteronormativ (und weiß) geprägten Historie. Tatsächlich oder vermeintlich neue sexuelle Identitäten und Lebensweisen (non-binär, genderqueer, pansexuell, polyamorös etc.) werden propagiert. Die katholische Kirche beharrt derweil auf Pflichtzölibat und grundsätzlicher Ablehnung von Masturbation, Homosexualität und Frauenweihe. Wer sich an Debatten um diese Dinge mit mehr als nur den immer gleichen Phrasen beteiligen will, sollte sich mit (möglichst guten) philosophischen Argumenten präparieren. Vor allem aber sollte er oder sie die besten Gründe der jeweiligen Gegenseite zur Kenntnis nehmen und sich in fairer Weise mit ihnen auseinandersetzen. Genau darum wird es in diesem Modul gehen. Das Seminar über die Philosophie der Sexualität wird ergänzt durch eine Überblicksvorlesung zur Anthropologie, die es erlaubt die im Seminar behandelten Themen in einen größeren Rahmen (Wesen des Menschen, Sinn des Lebens etc.) einzubetten. Inhaltliche Beschreibung Teil 1: Was ist der Mensch? Tier, soziales Wesen, Vernunftwesen, krummes Holz (Kant)? Die Vorlesung wird philosophisch in verschiedene Aspekte des (typischen) Menschseins einführen: Leben, Krankheit und Tod; Handeln und Freiheit; Vernunft; Personalität; Geist; Körper und Seele; Geschlecht und Sexualität; Emotionen; Arbeit; Gemeinschaft(en); Krieg und Sklaverei; Sport und Spiel; Humor; Kunst; Sinn des Lebens. (Moral, Religion, Sprache und Wissenschaft werden wir weitgehend aussparen, da sie Gegenstand anderer Einführungsvorlesungen sind). Im Auge behalten werden wir auch, ob sich aus den vielen Einzelbeobachtungen ein einheitliches Menschenbild oder Wesen des Menschen ergibt, oder ob jede philosophische Anthropologie ein notgedrungen disparates Unterfangen bleiben muss. Inhaltliche Beschreibung Teil 2: Funktionieren die Ausdrücke Frau und Mann genauso wie die Ausdrücke Henne und Hahn? Oder bezeichnen sie (auch) soziale Rollen? Sind Trans-Frauen Frauen und Trans-Männer Männer? Ist das menschliche Geschlecht binär? Was bedeutet Gender? Was ist eine sexuelle Orientierung? Lassen sich Heterosexualität oder Monogamie als Normen verteidigen? Falls nicht, warum nicht? Was ist eine Ehe (metaphysisch betrachtet)? Können / sollten gleichgeschlechtliche Ehen geschlossen werden? Ist beim Sex alles erlaubt, solange es einvernehmlich passiert? Was heißt einvernehmlich? Gibt es Formen von Sex (Masturbation, Analverkehr, Promiskuität usw.), die defizitär oder gar unmoralisch sind? Wie ist es um das Verhältnis von Sex und Liebe bestellt? Sollten Prostitution und/oder Pornographie verboten werden? Wann sollte man von Sexismus oder Misogynie sprechen? Gibt es auch eine unfaire Diskriminierung von Männern und Jungen? Fragen, die die menschliche Sexualität betreffen, gehen ans Eingemachte. Sie betreffen den Kern des Selbstverständnisses der meisten Menschen. Wir werden uns mit einem breiten Spektrum an Themen und philosophischen Positionen beschäftigen. Dabei ist es unvermeidlich, dass Teilnehmer auch mit Meinungen konfrontiert werden, die sie für empörend oder absurd halten. Bei Auswahl der Texte wird allein die philosophische Relevanz und Qualität zählen. Wer nicht bereit ist, sich in seiner eigenen (sei es eher konservativen, sei es eher progressiven etc.) Haltung herausfordern zu lassen und philosophische Argumente konstruktiv mit Andersdenkenden zu diskutieren, ist im Seminar fehl am Platz. |