Literatur |
- Eshun, Kodwo (1998). More Brilliant Than the Sun: Adventures in Sonic Fiction. London: Quartet Books. - Hartman, Saidiya (2008). ‘Venus in Two Acts.’ Small Axe , No 26, S. 1-14. - Bryant, Levi, Graham Harman, Nick Srnicek (2013). The Speculative Turn: Continental Materialism and Realism. Melbourne: re-press. - Gunkel, Henriette, Ayesha Hameed, Simon O’Sullivan (Hg.) (2017). Futures & Fictions . London: Repeater. - Nyong’o, Tavia (2018). Afro-Fabulations. The Queer Drama of Black Life. NY: New York University Press. - Schulze, Holger (2020). Sonic Fiction . New York: Bloomsbury Academic. - Angerer, Marie-Luise, Noam Gramlich (Hg.) (2020). Feministisches Spekulieren. Genealogien, Narrationen, Zeitlichkeiten. Berlin: Kulturverlag Kadmos. - Barton, Justin, Kronic, Maya & Goodman, Steve (2024). Sonic Factions: Audio Essay As Medium and Method. London: MIT Press. |
Inhalt |
Teil 1: Speculative Fiction (Seminar), SoSe, Raum, Do, 10-12h Teil 2: Sonic Fictions (Seminar), SoSe25, Raum, Do, 12-14h Inhaltliche Beschreibung Teil 1: Das Seminar „Speculative Fiction“ bietet eine Einführung in Ansätze der Spekulation, die bereits vor dem sogenannten speculative turn (Bryant, Harman und Srnicek 2013) eine lange Tradition in feministischen, queeren sowie post- und dekolonialen Theorien und Praktiken haben (Angerer und Gramlich 2020). Der Begriff der Speculative Fiction , den Robert A. Heinlein 1947 formuliert, wurde lange Zeit vor allem im Kontext der Literatur – und damit im Kontext von Narration und Storytelling – diskutiert (und umfasst hier verschiedene Genres, die über imaginäre Welten „spekulieren“, wie Fantasy, Science Fiction, magischer Realismus, Horror, und übernatürliche Fiktion). In diesem Seminar wird Fiktion als eine wichtige Kategorie jenseits von Film und Literatur verstanden, insbesondere in Hinblick auf die Möglichkeit einer anderen politischen Imagination, die sich im Begriff des „Fictioning“ widerspiegelt (Gunkel, Hameed und O’Sullivan 2017). Spekulative Fiktion thematisiert somit zunehmend auch visionäre Entwürfe anderer Vergangenheiten, Gegenwarten und Zukünfte in der Kunst, Musik, audiovisuellen Medien und der Theorie. Dabei geht die Spekulation der Realisierung weiterhin voraus, und SF-Erzählungen und künstlerische Praktiken finden ebenso Eingang in die Forschung wie (bio)technologische Innovationen in Kunst, Film, Literatur und Games. Spekulation und Praktiken des „Fictioning“ begegnen sich also in einem inter- und transdisziplinären Austausch. In diesem Seminar werden wir uns mit der Frage beschäftigen, was die Verbindung beider Konzepte – das Spekulativen und Fiction – so interessant und produktiv macht. Dabei werden wir auch theoretische Konzepte diskutieren, die mit dem Spekulativen verwandt sind bzw. es erweitern, z.B. Terminologien, die unter dem Akronym SF (Science Fiction, Speculative Fabulation) zusammengefasst werden, sowie Konzepte der (radikalen) Imagination, der Critical Fabulation (Saidiya Hartmann) oder auch der Afro-Fabulation (Tavia Nyong’o). Auch hinter diesen Begriffen, in ihrer Differenz, geht es um alternative Geschichte(n), basierend auf der Frage „Was wäre wenn…?“, um einen alternativen Umgang mit bzw. Zugang zu Archiven; es geht um nicht-lineare Zeitlichkeiten, um ein anderes In-der-Welt-Sein bzw. um Praktiken des Worlding und World-Making. Wir werden diese unterschiedlichen theoretischen Ansätze, die sich teilweise auch unversöhnlich gegenüberstehen können, immer auch in Relation zu medialen bzw. künstlerischen Positionen diskutieren. Inhaltliche Beschreibung Teil 2 : Das Seminar „Sonic Fictions“ widmet sich der Erforschung von Klang als Medium spekulativen Denkens und kultureller Imaginationen. Ausgangspunkt ist Kodwo Eshuns wegweisendes Werk More Brilliant than the Sun: Adventures in Sonic Fiction (dt. Heller als die Sonne ) von 1998, in dem Eshun zeigt, wie Klang narrative und transformative Potenziale entfaltet. Im Fokus stehen Verbindungen zwischen Afrofuturismus, Techno, Jazz und Electronica, die politische und ästhetische Grenzen überschreiten. Holger Schulzes darauf aufbauende Veröffentlichung Sonic Fiction bietet einen theoretischen Rahmen, der Sonic Fiction als dichte Verschmelzung aus klanglichen Erfahrungen, materiellen Praktiken und kulturellen Bedeutungen beschreibt. Sonic Fiction sei keine bloße Theorie – sie sei überall. Ob in Musik, performativen Gesten, Linernotes oder Alltagsgeräuschen: Jeder Klang trage Fragmente fiktionaler Narrative in sich. Diese ephemeren Fiktionen seien dabei weder flüchtig noch rein imaginär – sie sind materielle, historische und kulturelle Gebilde. Ein Schwerpunkt des Seminars wird u.A. auf dem Medium des „Audio Essay“, wie er in dem von Steve Goodman herausgegebenen Sammelband Sonic Factions: Audio Essay As Medium and Method (2024) thematisiert wird, liegen. Der Audio-Essay bewege sich zwischen Fakt und Fiktion, überlagere reale Orte oder Ereignisse mit spekulativen Dimensionen und produktiven Unwahrheiten, um ihre kulturelle oder politische Resonanz zu verstärken. Diese „investigative Ästhetik“ erforsche dabei auch die Spannung zwischen ästhetischer Darstellung und sozialem Kontext, wie wir anhand der Arbeiten von Lawrence Abu Hamdan besprechen werden. Eleni Ikoniadou hebt in ihrem Beitrag über das Klagen als Form des Audio-Essays die kollektive Dimension hervor: Klage wird hier zu einer Verbindung zwischen Ästhetik und sozialem Kontext, inspiriert von Edward Saids Konzept des „Kontrapunktischen“. Künstler*innen wie John Akomfrah zeigen, wie kollektives Leiden und audiovisuelle Ästhetik für bestimmte Identitäten untrennbar miteinander verbunden sind. Ein weiterer Teil des Seminars wird die Kooperation mit-, und der gemeinsame Besuch des Blaues Rauschen Festivals ( https://blauesrauschen.de/ ) sein. Aufbauend auf dem erarbeiteten theoretischen Rahmen wird uns die Möglichkeit zuteil, auf dem Festival gemeinsam zeitgenössische Sound- Performances live zu erleben. In Kooperation mit dem Festival werden wir dabei eine Lecture-and- Talk-Veranstaltung organisieren, die den Studierenden und weiteren Interessierten die Möglichkeit bietet mit den performenden Künstler*innen ins Gespräch zu kommen. |